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Rosen auf den Weg gestreut

Text: Kurt Tucholsky unter Theobald Tiger in Die Weltbühne, 31. März 1931

Ihr müßt sie lieb und nett behandeln,
erschreckt sie nicht - sie sind so zart!
Ihr müßt mit Palmen sie umwandeln,
getreulich ihrer Eigenart!

Pfeift euerm Hunde, wenn er kläfft -:
Küßt die Fascisten, wo ihr sie trefft!

Wenn sie in ihren Sälen hetzen,
sagt: »Ja und Amen - aber gern!
Hier habt ihr mich - schlagt mich in Fetzen!«
Und prügeln sie, so lobt den Herrn.

Denn Prügeln ist doch ihr Geschäft!
Küßt die Fascisten, wo ihr sie trefft!

Und schießen sie -: du lieber Himmel,
schätzt ihr das Leben so hoch ein?
Das ist ein Pazifisten-Fimmel!
Wer möchte nicht gern Opfer sein?

Nennt sie: die süßen Schnuckerchen,
gebt ihnen Bonbons und Zuckerchen…

Und verspürt ihr auch
in eurem Bauch
den Hitler Dolch, tief, bis zum Heft -:

Küßt die Fascisten, küßt die Fascisten,
küßt die Fascisten, wo ihr sie trefft -!

Kurt Tucholsky - Panter Tiger & Co
rororo, 1972

Karrieren

Et jibt Karrieren - die jehn durch den Hintern.
Die Leute kriechen bei die Vorgesetzten rin.
Da is et warm. Da kenn se ibawintern.
Da bleihm se denn ne Weile drin.
I, denken die - kein Neid! Wer hat, der hat.
Denn komm se raus. Denn sind se plötzlich wat.

Denn sind se plötzlich feine Herrn jeworden!
Denn kenn die de Kollejen jahnich mehr.
Vor Eifa wolln se jeden jleich amorden:
„Ich bün Ihr Vorjesetzta! Bütte sehr!"
Und jeda weeß doch, wie set ham jemacht!
Det wird so schnell vajessen ... Keena lacht.

Int Jejenteil.
Der sitzt noch nich drei Stunden
in seine neue Stellung drin -:

da hat sich schon n junger Mann jefunden,
der kriechtn wieda hinten rin!
Und wenn die janze Hose kracht:
weil mancha so Karriere macht.
Er hat det Ding jeschohm.
Nu sitzt a ehmt ohm.
Von oben frisch und munter
kuckt keena jerne runter.
Weil man so rasch vajißt,
wie man ruff,
wie man ruff,
wie man ruffjekommen ist -!

(Theobald Tiger, 1930)